Donnerstag, 19. März 2015

Mittendrin und doch nicht dabei

Ich bin mittendrin im Leben, aber es ist kein Leben in mir. Ich bin mitten unter Menschen, aber sie erreichen mich nicht. Sie berühren mich nicht, obwohl ich nah genug bin, um sie berühren zu können. Ich müsste nur die Hand ausstrecken und teilhaben, müsste berühren und berühren lassen, müsste raus aus meinem Käfig, raus aus mir.

Ich sehe sie, die anderen. Wie sie vor mir lächeln und lachen, um mich herum. Die Luft ist erfüllt vom hellen Klang ihrer Rufe, die Luft tanzt, bewegt von den Melodien ihrer Stimmen. Die Luft ist dicht und schwer, das Lachen süß wie Honig, es bleibt an mir kleben und hüllt mich ein. Aber es zieht mich nicht mit. Ich will doch. Will doch dabei sein und lachen und leben und strecke die Hand aus und stoße auf Glas.

Ich sehe sie und ich sehe die Schönheit von allem, was mich umgibt, ich sehe jedes kleine Detail messerscharf, alles ist transparent, alles durch Glas. Ich sehe es, ich kann es nicht fühlen, bin umgeben von Glas, gefangen darin, Aquarium.

Ich will doch. Will das Glas durchbrechen und spüren und leben. Berstendes Glas. Die Luft wird erfüllt vom klirrenden Geräusch, schmerzhaft hell. Schmerz in meinen Händen, Splitter auf der Haut. Sie funkeln, fangen das Licht ein und werfen es von sich in allen Farben, Scherben. Ich liege in Scherben und setze mich neu zusammen, Stück für Stück.

Ich sehe sie und ich sehe mich und sehe die Schönheit meiner Scherben, ich sehe in ihnen jede Farbe des Universums, alles ist bunt, alles voller Leben. Ich mache Facetten aus den Scherben und bin nicht mehr aus Glas, bin nicht mehr ganz. Bin immer noch zerbrechlich, aber echt und voller Leben. Ich bin mittendrin und ich bin bunt.


Jule

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