Donnerstag, 23. Juli 2015

Auf Traumreise und Schatzsuche

Ich schlage meinen Kalender auf und ein Chaos an Zetteln, Eintritts-und Visitenkarten fällt mir entgegen, Erinnerungen an vergangene Erlebnisse, Termine, an vergangenen Spaß und vergangenen Stress. Wieso heb‘ ich eigentlich den ganzen Schmarrn auf, frage ich mich und sammele entnervt alle Einzelteile vom Boden auf. Bringt doch eh nichts, was will ich denn mit den ganzen Sachen. Sie bringen die Vergangenheit nicht wieder, sind vielleicht nur Gedächtnisstütze. Ja, ich weiß, ich hänge an solchen Dingen, habe Angst zu vergessen.

Erinnerungsschätze. Auf meinem Schreibtisch, in meinem Notizbuch, neben meinem Bett, in Kisten, Büchern und auf dem Boden. Muscheln, die mich an einen unbeschwerten Tag an der Westküste Frankreichs erinnern, ich hab die Augen auf den Boden gerichtet, wo ist die schönste Muschel. Kichern hinter mir, ja, sieht bestimmt lustig aus, wie ich hier so über den Strand „laufe“, meine Nasenspitze keine 2 Zentimeter über dem Boden. Ich spüre den Wind in den  Haaren, die scharfen Kanten meiner schon gesammelten Muscheln in der Hand und weiß wieder, wieso ich solche Gegenstände aufhebe. Weil sie Geschichten erzählen und das sogar ohne Worte. Ich spüre den Wind, schmecke den Sand, fühle Steinchen und Muschelscherben unter meinen nackten Füßen, höre das Rauschen des Meeres und rieche das Salz in der Luft. Die Erinnerung ist mit einem Mal so lebendig, dass sich mich mitzureißen droht, dass ich alles andere um mich herum vergesse. Ja, verdammt, ich will vergessen, nicht diese Erinnerung, aber diesen Moment, will ihm entfliehen. Ich träume mich an einen anderen Ort, in eine andere Zeit. Ist noch gar nicht lange her, kommt mir aber wie eine Ewigkeit vor. Unbeschwert war ich da, hätte mich am liebsten zu den Muscheln gelegt, habe mich gefreut wie ein kleines Kind über „meine“ gesammelten Schätze. Habe gegrinst, weil ich stolz war auf meinen Fund, war überzeugt, dass ich die schönsten Muscheln ganz Frankreichs gesammelt hatte, definitiv. Und ich lasse mich hineinfallen in diese Erinnerung, versuche die Unbeschwertheit einzufangen, zu greifen, wieder mit in meinen Alltag zu nehmen, der alles an Leichtigkeit verloren hat.

Und ich denke daran, wie leicht es mir in eben diesem Moment gefallen war leicht zu sein, mich leicht zu fühlen. Unbeschwertes Lachen, glückseliges Grinsen, albernes Kichern. Alles davon. Hüpfen, Sand der federt, Muscheln, die piksen. Ich werde übermütig, will den Wind einfangen, mit ihm spielen, will mich von ihm tragen lassen. Stattdessen tragen mich meine Gedanken, befördern mich wieder zurück in die Gegenwart. Aber ich hab‘ die Muscheln in der Hand, hab‘ ein Lächeln auf dem Gesicht und bilde mir ein, den Wind in meinen Ohren zu hören, Flüsterpost.

Schneckenhaus, mein neuester Fund. Versteckt lag es unter einem Busch und stach mir unerwartet in’s Auge, als ich den kompletten Inhalt meiner Tasche ausleeren musste, um meinen Schlüssel zu finden. Gedankenverloren fahre ich mit den Fingern die Linien ab, Spirale, Lebensspirale vielleicht. Glatt und rau ist die Oberfläche, beides zugleich, leicht und rund liegt es in meiner Hand. Und ich nehme es einfach als Symbol, als Erinnerung an meine Erinnerungen, als Erinnerung, Geduld zu haben, mal einen Gang runterzuschalten, Schneckentempo. Innezuhalten, den Moment zu genießen. Und weiter Schätze zu sammeln.


Eure Jül

Montag, 20. Juli 2015

Kartenhaus

Ich habe fünf Karten in der Hand, glatt sind sie und farbig. Sie stehen für Hoffnung, für meine Träume, für Gleichgewicht, für Vertrauen und für den Augenblick. Sie bilden das Gerüst, Grundgerüst, für’s Leben. Ich umklammere sie so fest, dass meine Fingerknöchel weiß hervortreten, als müsste ich mich an ihnen festhalten, als müsste ich meine Hoffnungen festhalten, von denen einige zerstört wurden. Als müsste ich meine Träume festhalten, die mir entgleiten wollen. Mein Gleichgewicht, das wackelt und kurz davor ist, zum Ungleichgewicht zu werden. Mein Vertrauen, das so sehr erschüttert wurde, dass ich es jetzt nur noch symbolisch in dieser Karte sehe. Und als müsste ich den Augenblick festhalten, jeden Augenblick, wo es mir so schwer fällt, in eben diesem präsent zu sein. Ich klammere mich also an diese Karten, Spielkarten und fange an zu bauen, Kartenhaus. Ich weiß nicht, wie das gehen soll, wie ich bauen soll, worauf, wie soll das stabil werden. Was ist das Fundament?

Ich baue nicht mehr auf das, was andere zu mir sagen, was andere zu mir hätten sagen sollen. Ich baue nicht auf andere Menschen. Die sind da, die sind wichtig, sind mir eine Stütze, aber nicht mein Fundament, nicht mein einziges. Ich baue nicht auf das, was ich habe, zu schnell kann es einstürzen. Ich baue auf mich. Auf das, was ich kann und auf das, was ich bin. Auf das, was ich nicht kann, nicht bin. Ziele können sich verändern, Menschen können mich täuschen und verlassen, Worte sich verflüchtigen, Erfolg auch. Aber ich, mit all dem, was mich ausmacht, bin da, bin mein eigenes Fundament. Und ich baue, jeden Tag, an meinem Kartenhaus. Mal alleine, mal mit Hilfe. Mal schnell, mal langsam. Langsam und vorsichtig setze ich die Karten aufeinander, behutsam. Herz, Bube, Dame, König. Vielleicht ist ein Ass dabei.

Vielleicht ist das auch alles nur ein Spiel, Spiel des Lebens. Mal hält das Gerüst, mal fällt es in sich zusammen, um wieder aufgebaut zu werden, andere Zusammensetzung, neues Spiel. Und ich ziehe die oberste Karte, decke sie auf und baue von vorne, baue auf mein Fundament. Das ist da, das hält, das trägt mich. Ich trage mich selbst und bin im Umbruch, Baustelle. Bin jeden Tag anders und doch immer dieselbe, immer das gleiche Fundament. Und vielleicht braucht es ab und an ein bisschen Glück in diesem Spiel, denn die Würfel sind noch nicht gefallen.


Die Karten werden neu gemischt. 

Eure Jül

Montag, 13. Juli 2015

Aller Anfang ist schwer. Jedes Ende auch.

Und am Anfang war ein Blick. Ein Wort. Ein Bild. Und aus den Blicken wurden Berührungen, aus den Wörtern Sätze, ja Geschichten sogar, aus den Bildern wurde ein Film. Komödie, Romanze, Action, alles in einem. Drama. Ein Film, in dem ich Hauptdarstellerin war, aber nicht Regisseur. Ein Film, der mich überrascht hat, bewegt, mitgerissen. Der mich zerrissen hat. Der kein Happy End hat. Ein Film, der mehr Doku ist als Fantasy, der Realität ist, der das echte Leben zeigt. Und jetzt läuft der Abspann und ich bin nicht mehr Hauptdarstellerin. Bin auf dem Boden gelandet. Sitze da und schlucke, kämpfe mit allem, was offen geblieben ist. Wünsche mir, dass der Film nochmal anfängt, von vorne läuft, Neuanfang. Wünsche mir, dass er anders endet, dass er gar nicht endet, verdammt. Wünsche mir, dass dieses Ende nur das Ende eines Films ist und nicht das wirkliche, echte Ende dieser Geschichte, unserer Geschichte. Aber ja, das Leben ist kein Wunschkonzert. Ich sitze also hier und sehe dem Abspann zu, sehe all die Bilder an mir vorbeiziehen, versuche zu begreifen, dass sie sich jetzt in Erinnerungen verwandeln, Erinnerungen, die mit der Zeit vergilben und verblassen. Versuche zu verstehen, warum. Aber ich darf nicht sitzenbleiben, muss aufstehen, weitergehen. Der Abspann läuft, das letzte Bild geknipst, das Kapitel ist zu Ende. Kein Wort wird mehr gesagt, jedes weitere wäre zu viel, ich berühr‘ dich auch nicht mehr, versprochen. Und ich schließe meine Augen. Verschließe sie vielleicht vor der Wahrheit, vor der Realität. Möchte vielleicht ein bisschen weiterträumen, den Film ein bisschen weiterdrehen, anders. Aber ich muss aufhören. Aufhören und neu anfangen.


Gar nicht einfach, echt nicht. Jede Erfahrung, jede Reise, jede Geschichte hinterlässt Spuren. Deine Hände auf meiner Haut sowieso. Spuren im Herzen. Aber sie zurückverfolgen? Irrgarten, Umweg, Sackgasse. Vorwärts ist die richtige Richtung. Unklar, verschwommen ist der Weg. Und unsicher mein Gefühl. Ich blicke zurück und sehe all die Spuren, die dieses Land hinterlassen hat, die du hinterlassen hast. Habe Angst, dass sie verschwinden. Will sie in Stein gemeißelt haben, festhalten, mich vielleicht daran festhalten. Aber so komm‘ ich wohl nicht vorwärts.

Als würde ich neu laufen lernen, meine Beine gehorchen mir nicht. Ich stolpere, strauchele, falle. Wie anstrengend. Aber ich will gehen, laufen, rennen, hüpfen. Tanzen, durch Pfützen, Sommerregen und durch‘s Leben. Also versuche ich weiter, von neuem, von Anfang an. Immer wieder, immer wieder Neuanfang. Aufregend irgendwie. Unsicher, aber spannend. Hab ein neues Blatt vor mir, kann mir überlegen, wie ich es gestalte. Vielleicht male ich und such mir die Farben aus. Vielleicht schreib‘ ich erst mal nur ein Wort. Die Sätze kommen dann schon, die Geschichten auch, noch ungeschrieben. Die vergangenen Kapitel? Die beeinflussen vielleicht die kommenden, vielleicht haben sie auch nur einen Platz in diesem Buch, einen Platz in meinem Herzen. Gehören zu meiner Geschichte, die aus so vielen Farben besteht, dass bunt als Bezeichnung nicht ausreicht. So viele Farben, die nicht verblassen werden, weil sie in meiner Erinnerung lebendig bleiben. Wie ein Film, den ich abspielen kann, wenn ich mag. Aber jetzt nehm‘ ich erstmal eine neue Perspektive an und lass die Kamera laufen.

Dinge verändern sich, Situationen, Menschen. Sie verändern dich und deine Sichtweise. Perspektivwechsel. Du befindest dich in einer anderen Situation mit einer anderen Sichtweise, musst klarkommen. Orientierungslos. Du suchst nach Halt und findest in nicht in Dingen, Situationen, Menschen. Aber in dir. Schnitt, der Vorhang ist gefallen, das Licht geht aus. Ich sitze im Dunkeln und spüre das weiche Sitzpolster auf meiner Haut, spüre den Nachklang vom harten Schlag der Enttäuschung. Ein dumpfer Ton, Moll. Traurig, aber schön irgendwie. Es hätte ja auch hässlich enden können, vieles hätte kaputtgehen können. Aber vielleicht ist dieses Ende erst der Anfang. Keine Fortsetzung, keine Wiederholung, aber Neuanfang, neues Kapitel.

Meine Augen haben sich an das Dunkel gewöhnt, ich stehe auf, tapse umher. Suche den Lichtschalter, den Weg nach draußen. Und laufe los, fange ein neues Kapitel an.


Das Ende? Noch nicht in Sicht. Der Anfang? Wird jetzt geschrieben. 

Eure Jül

Mittwoch, 1. Juli 2015

Bunte Kiste: Juni 2015

Heimkommen und Wegfliegen. Auspacken und Einpacken. Ankommen und Aufbrechen. Abschied und Vorfreude. Reisefieber und Abenteuerlust. Äthiopien. Überraschung und Überforderung. Misstrauen und Gastfreundschaft. Lach- und Laberflashs. Ende und Neuanfang.


Gefreut über: Ankommen in der Heimat, eine Party im Regen, Zeit in der Sonne und am See, alte Freunde, das Sonnendeck, eine neue Frisur, den Start meiner Äthiopienreise, Wiedersehen, bunte Eindrücke und eine andere Kultur

Geärgert über: Packstress, zu wenig Platz im Rucksack, mein Navi im Handy und meine fehlende Orientierung, aufdringliche Leute, meine Grenzen und Erwartungen

Auszüge aus meinem (Reise-)Tagebuch:

Dieses Mal etwas ausführlicher, habe ich doch ziemlich viel erlebt und niedergeschrieben auf meiner Reise nach Äthiopien. Meine Erlebnisse sind noch ziemlich frisch und ungeordnet, deswegen passen die bunt zusammengewürfelten Auszüge ganz gut, um meine Reise zu dokumentieren:


„Und jetzt sitze ich also hier und warte, warte auf den Beginn meines Abenteuers. Komisch fühlt es sich an sitzen zu müssen, war ich doch die ganze letzte Woche in Bewegung, hin-und her, rastlos. Heimatlos. Hab mich hin- und hertreiben lassen vom Leben, von Menschen, war überall ein bisschen, aber irgendwie nicht bei mir. Jetzt muss ich warten und bin gezwungen, meinen Gedanken zu lauschen, die gehört werden wollen, die in den letzten Tagen nicht mehr waren als ein Hintergrundgeräusch, leise plätschernd wie ein Bach, immer da, Gedankenstrom. Jetzt tauche ich ein bisschen ein und merke, dass der Bach doch nicht ganz so ruhig ist. Vielmehr sprudeln meine Gedanken, spritzen, viele Tropfen, viele sind da, viele Gefühle, die ich nicht zuordnen kann.“


„Ja, ich freue mich auf diese Reise, hab‘ so lange darauf hingefiebert, ja teilweise darauf hingelebt, dass es sich in diesem Moment verdammt unwirklich anfühlt, anfühlt als wäre ich Zuschauer, der wartet, dass der Vorhang fällt. Dass die Anspannung abfällt und die Masken fallen. Aufregung, Kribbeln. (…) Fühl‘ mich nicht wie der Hauptakteur.“


„…Schwermut. Mut, der sich schwer anfühlt. Als wäre es jetzt, so kurz vor dem Abflug, anstrengend geworden Anlauf zu nehmen und Mut zu haben. Davonzufliegen, wo ich vielleicht gerade erst wieder dabei war anzukommen.“


„…Meine Gedanken sind mein Wegweiser. Gedankenfluss und ich schwimm‘ mit, mal schauen, wohin die Reise geht.“


„Bin also in Äthiopien angekommen, physisch zumindest. Hab‘ mich teilweise echt erschlagen, überfordert und vor allem hilflos gefühlt. Hab‘ gemerkt, dass ich mir noch so viel über dieses Land durchlesen kann, aber deswegen werd‘ ich mich in allem, was anders ist, den ganzen ungewohnten Situationen nicht sicherer fühlen. (…) Und es war nicht ganz leicht zu merken, dass ich allein total verloren wär‘. Dabei komm‘ ich gern allein klar, will allein klarkommen.“


„Ich glaube, ich mag das Chaos in meinem Kopf. Darf nur nicht versuchen zu ordnen. Eintauchen. Mitreißen lassen. Halt suchen und Orientierung finden. (…) Muss alles auf mich wirken lassen, Kontrolle abgeben und einfach untertauchen. Ab und zu Luft holen nicht vergessen.“


„Atmen, einfach weiteratmen. Von wegen ich mag das Chaos. Es überfordert mich, ich fühl mich fehl am Platz. Ich will eintauchen, gehe aber unter und werde hin-und hergerissen von all den Eindrücken, die auf mich hereinprasseln ohne anzuklopfen, ohne Schongang. Grell, bunt und schwarz.“


„…so unbeholfen. Fühlt sich verdammt scheiße an. Zu wissen, dass ich alleine nicht wieder auftauchen könnte, untergehen würde. Dass ich so schnell an meine Grenzen stoße und (noch) unfähig bin, sie zu überwinden. Dass ich so sensibel und empfindlich bin, überempfindlich. Überreizt, Reizüberflutung. Schnell, grell und krasse Kontraste. Ja, das wollte ich, will ich immer noch. Den Filter ablegen und die Sonnenbrille absetzen – hab' meine eh verloren. Aber das blendet, verdammt.“


„Bin misstrauisch. Irgendwie hab‘ ich echt irgendwann angefangen, mich auf das Schlechte gefasst zu machen, Katastrophenvorstellung. Hab‘ Angst enttäuscht zu werden, nicht nur von dieser Reise, von diesem Land, auch vom Leben. Aber so steh‘ ich mir irgendwie selbst im Weg, verbau mir selbst den Weg zu allem Schönen. Steh‘ vor meinen eigenen Türen und verschließe sie, verschließe sie doppelt. Weiß‘ ja nicht, welche die richtige Tür ist. Was dahinter liegt. Ob sie hinter mir in’s Schloss fällt und ob ich wieder zurück könnte. Aber ist es jetzt nicht eh schon zu spät? Ich mach‘ mich mal auf die Suche nach dem Notausgang.“

„Hm. Ich weiß mal wieder nicht, wie es mir geht, was das alles mit mir macht. Es verändert mich, so viel steht fest. Aber wie? Keine Ahnung, das ist nicht greifbar, kann nichts festhalten. (…) Ich komm‘ mir vor wie ein Sprungball, der hin- und hergeworfen wird, zu schnell. Zwischen Aufprall und in der Luft. Mir gefällt es irgendwie, von diesen ganzen Eindrücken hin- und hergeworfen, wachgerüttelt zu werden. Aber nicht von Menschen und meinen Gefühlen. Bin ein Spielball in diesem Chaos: Schuhputzer, Matratzen, Tiere auf den Straßen, Stromausfall. Musik und Tanz, Bewegung, Hektik. Kinder, die viel zu jung arbeiten und Frauen, die viel zu schwer tragen. Löcher in den Straßen und Schmutz in der Luft. Bin aber auch ein Spielball in diesem Gefühlschaos. Ich will Kontrolle. Oder zumindest Sicherheit. Klarheit.“


„Ich komme langsam klar mit dem Chaos, bin nicht mehr ganz so verloren. Muss‘ einfach ein bisschen auf mich vertrauen und mich darauf einlassen.“


„Extreme, hin-und her, nichts dazwischen. So viel Raum dazwischen, zwischen uns, unüberwindbar, Scheinbar?“


„Staubig alles, schmutzig. Schmetterlinge, kurz vor’m Regen, schön irgendwie.“


„Wie naiv von mir zu glauben, nichts hätte sich verändert. Viel zu viel Zeit liegt dazwischen. Zeit, die verändert hat. Zeit, die schnell vergangen, aber mit so viel Unausgesprochenem gefüllt ist, dass sie sich jetzt wie ein Wattebausch anfühlt. Gedämpfte Gedanken, Schweigen.“


„Busfahrt nach Woldiya. Landschaft, die an mir vorbeizieht, Berge, Täler, Flussbetten. Affen und Dromedare. Und Erinnerungen, alte Bilder, die so unwirklich scheinen jetzt, so als wären sie nie echt gewesen. (…)“


„Viele Leute meinen es wirklich nicht ehrlich, reden uns an, weil wir weiß sind und weil sie sich etwas erhoffen, sind nett zu uns, weil sie ‘ne Gegenleistung erwarten. Man kann natürlich abblocken, alles konsequent ablehnen, sich auf kein Gespräch einlassen. Ist natürlich auch ein Weg, vermutlich der einfachste, um sich zu schützen. Aber der richtige? Gibt es da überhaupt richtig oder falsch? Verdammt schwierig. Man kann ja nicht immer nur misstrauisch sein. Aber naiv sollte man auch nicht sein. Schließt das eine das andere aus?“


„Bin gerade aufgewacht und irgendwie passt alles so wie es im Moment ist. Bin in den letzten Tagen an so viele Grenzen gestoßen, körperlich und geistig, so viele Mauern, die mich eingeschränkt haben, die ich niederreißen wollte, aber nicht konnte. Und jetzt bin ich weiter, bin dabei zu akzeptieren, dass mansche Mauern einfach da sind, um mich zu beschützen. Habe verstanden, dass ich nicht jede Mauer niederreißen, nicht jede Grenze überschreiten muss und dass ich trotzdem vorwärts komme.“


„Ok, hab’s anscheinend doch noch nicht verstanden, kann meine Erkenntnis nicht umsetzen. Diese Wanderung hat mich an meine Grenzen gebracht, vor allem körperlich. Ohne Witz, ich hab‘ schon lange nicht mehr so was Anstrengendes gemacht. Das lag natürlich an mir und nicht an daran, dass ich 7-stündige Wanderungen auf 3200m Höhe schlichtweg nicht gewohnt bin. Ich wollte mir selbst keine Schwäche eingestehen, wollte die Stärke spielen. Hallo altes Muster: es geht schon noch, muss noch gehen, muss noch weiter gehen, höher, schneller, besser. Meine Grenzen? Kann ich schon mal ignorieren.“


„Mehrere Autos und Trucks sind an uns vorbeigefahren mit vielen Menschen auf der Ladefläche, die uns angegafft haben als wären sie auf Safari und wir exotische Tiere.“

„Das ist also der bittere Nachgeschmack.“


„Alter Jule, hör doch mal auf so sentimental zu sein. Setz einfach einen Punkt dahinter, Schlusspunkt. Es gibt keine Fortsetzung, Ausrufezeichen.“


„Und wieder packe ich meine Koffer. Hallo Straßburg, du bist also mein neues Zuhause für die nächsten 2 Monate…mal schauen, was du für mich bereithältst. Ich fühl‘ mich zwar nicht bereit, aber wird schon werden. Ich vertraue halt einfach mal wieder in das Leben, es kann ja nichts dafür, dass es manchmal so ist wie es ist.“


Nachdem ich all das abgetippt habe, fällt mir auf, dass sehr viel eher negativ klingt :D meistens schreibe ich nun mal, wenn mir das Schreiben helfen soll klarzukommen, Dinge klarer zu sehen. Die schönen Erlebnisse? Die halte ich meist nur in einzelnen Wörtern fest, oder in Bildern. Und davon gab es jede Menge, ich hoffe, das wird ersichtlich! Abgesehen von allem, was mich überfordert hat, hab' ich auch viel gesehen und erlebt, was mich fasziniert, begeistert, umgeworfen hat. Die Sprache verschlagen und den Atem geraubt hat, nicht nur auf 3200m Höhe ;)


Und der Juli?


Ich freue mich auf: Sommer und Sonne in Straßburg, neue Leute und neue Aufgaben, Neuanfang überhaupt, Ablenkung und den Abiball von Schwesterherz :)

Jule