Freitag, 25. Dezember 2015

Öfter mal...ausmisten

Ich reiße die Tür zu meinem Zimmer auf, haste zu meinem Schreibtisch und versuche dieses eine Dokument zu finden. Verdammt, wo ist es bloß hin?? Beim Versuch, ein wichtig aussehendes Blatt Papier aus einem beinahe 30 Zentimeter hohen Stapel zu ziehen, gerät der ganze Turm ins Wanken, die Blätter verteilen sich auf dem Boden und reißen noch mein Mäppchen mit, dessen gesamter Inhalt sich dort ergießt. Super. Bin ja kaum im Stress. Als ich hektisch alles einsammeln und auf’s Bett werfen will, stolpere ich noch über meine Yoga-Matte, ein paar Kleidungsstücke und die fünf Bücher, die ich jetzt endlich lesen muss. Die Zeichen sind eindeutig: Ich sollte aufräumen und ausmisten.

Ich sollte ausmisten, mein Zimmer, meine Sachen, meine Kleidungsstücke. Und meine Kontakte, meine Bekanntschaften, meine Freunde. Zu viel Zeug raubt Zeit. Zu viele Menschen auch. Vor allem, wenn mir diese mehr Zeit rauben als schenken, wenn sich die geraubte Zeit verloren anfühlt oder wenn mir deren geschenkte Zeit schlichtweg nichts bringt. Nur Stress und Chaos, Gefühlschaos vielleicht. Den Überblick habe ich längst verloren, sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr, den Holzfußboden vor lauter Krimskrams und die wahren Freunde vor lauter Partybekanntschaften nicht mehr. Ich will wieder den vollen Durchblick.

Und dazu muss ich Ordnung schaffen, klar Schiff machen. Denn ich will wieder Kapitän sein und die Richtung bestimmen, das Segel setzen und Fahrt aufnehmen. Doch dazu muss der Ballast über Bord, ich miste aus. Alles, was ich nicht brauche, kommt weg. Kaputtes, Unnützes, Ungeliebtes. Alles, was zu viel ist. Jeder, der zu viel ist. Jeder, der zu wenig für die Kategorie „Freund“ ist und du, der du zu viel dafür bist. Sie, weil sie da nicht hingehört. Er, weil er einfach nicht reinpasst. Du, weil du immer zu viel bist. In beinahe jedem Moment und dazu muss ich dich nicht einmal sehen, Gedanken reichen schon. Du passt nicht in mein Leben und ich habe keinen Platz in deinem. Ich will auch keinen Randplatz einnehmen und nur Zuschauer sein. Ich will Einfluss nehmen, will, dass du mich beeinflusst, aber das geht längst nicht mehr, ist nur Ballast.

Da gibt es andere, die mir helfen, Ballast zu tragen, die vielleicht zusammen  mit mir die Richtung bestimmen, mal das Steuer rumreißen und dafür sorgen, dass ich nicht kentere. Das sind die, die diese Fahrt schöner machen, leichter, wertvoller. Die ich nie missen will und die nie ausgemistet werden. Die anderen? Verzichtbar. Unverzichtbar vielleicht für einen netten Abend, eine Partynacht, einmal vergessen wollen. Aber verzichtbar für die Grundausrüstung, die steht fest. Ist unter Umständen noch erweiterbar. Der Rest ist Deko, schön anzusehen, manchmal erdrückend. Kann ausgemistet werden, kann über Bord.


Ich setze die Segel neu, neues Jahr, reise weiter. Richtung Horizont, gen Himmel und noch viel weiter. Der Wind dreht, schiebt mich an, kaum noch Widerstand. Ich nehme Fahrt auf. 


Jule

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