Das Mädchen, das in Flammen steht. Feuer gefangen. Es dauert
zehnmal so lange, sich wieder zusammenzufügen, wie es dauert zu zerbrechen. Das
Mädchen, das in Flammen stand. Ascheregen. Es rieselt leise, aber die Wut
lodert wie helles heißes Feuer. Funken sprühen und erhellen alles, die Energie
ist förmlich greifbar. Phönix aus der Asche, erhebt sich in die Luft, breitet
die Flügel aus und fliegt, fliegt endlich fort, endlich frei. Zurück bleibt
beißender Rauch und der Geruch nach Verbranntem. Die Sonne scheint.
Donnerstag, 31. Dezember 2015
Freitag, 25. Dezember 2015
Öfter mal...ausmisten
Ich reiße die Tür zu meinem Zimmer auf, haste zu meinem
Schreibtisch und versuche dieses eine Dokument zu finden. Verdammt, wo ist es
bloß hin?? Beim Versuch, ein wichtig aussehendes Blatt Papier aus einem beinahe
30 Zentimeter hohen Stapel zu ziehen, gerät der ganze Turm ins Wanken, die
Blätter verteilen sich auf dem Boden und reißen noch mein Mäppchen mit, dessen
gesamter Inhalt sich dort ergießt. Super. Bin ja kaum im Stress. Als ich
hektisch alles einsammeln und auf’s Bett werfen will, stolpere ich noch über
meine Yoga-Matte, ein paar Kleidungsstücke und die fünf Bücher, die ich jetzt
endlich lesen muss. Die Zeichen sind eindeutig: Ich sollte aufräumen und ausmisten.
Ich sollte ausmisten, mein Zimmer, meine Sachen, meine
Kleidungsstücke. Und meine Kontakte, meine Bekanntschaften, meine Freunde. Zu
viel Zeug raubt Zeit. Zu viele Menschen auch. Vor allem, wenn mir diese mehr
Zeit rauben als schenken, wenn sich die geraubte Zeit verloren anfühlt oder
wenn mir deren geschenkte Zeit schlichtweg nichts bringt. Nur Stress und Chaos,
Gefühlschaos vielleicht. Den Überblick habe ich längst verloren, sehe den Wald
vor lauter Bäumen nicht mehr, den Holzfußboden vor lauter Krimskrams und die
wahren Freunde vor lauter Partybekanntschaften nicht mehr. Ich will wieder den
vollen Durchblick.
Und dazu muss ich Ordnung schaffen, klar Schiff machen. Denn
ich will wieder Kapitän sein und die Richtung bestimmen, das Segel setzen und
Fahrt aufnehmen. Doch dazu muss der Ballast über Bord, ich miste aus. Alles,
was ich nicht brauche, kommt weg. Kaputtes, Unnützes, Ungeliebtes. Alles, was
zu viel ist. Jeder, der zu viel ist. Jeder, der zu wenig für die Kategorie
„Freund“ ist und du, der du zu viel dafür bist. Sie, weil sie da nicht
hingehört. Er, weil er einfach nicht reinpasst. Du, weil du immer zu viel bist.
In beinahe jedem Moment und dazu muss ich dich nicht einmal sehen, Gedanken
reichen schon. Du passt nicht in mein Leben und ich habe keinen Platz in
deinem. Ich will auch keinen Randplatz einnehmen und nur Zuschauer sein. Ich
will Einfluss nehmen, will, dass du mich beeinflusst, aber das geht längst
nicht mehr, ist nur Ballast.
Da gibt es andere, die mir helfen, Ballast zu tragen, die
vielleicht zusammen mit mir die Richtung
bestimmen, mal das Steuer rumreißen und dafür sorgen, dass ich nicht kentere.
Das sind die, die diese Fahrt schöner machen, leichter, wertvoller. Die ich nie
missen will und die nie ausgemistet werden. Die anderen? Verzichtbar.
Unverzichtbar vielleicht für einen netten Abend, eine Partynacht, einmal
vergessen wollen. Aber verzichtbar für die Grundausrüstung, die steht fest. Ist
unter Umständen noch erweiterbar. Der Rest ist Deko, schön anzusehen, manchmal
erdrückend. Kann ausgemistet werden, kann über Bord.
Ich setze die Segel neu, neues Jahr, reise weiter. Richtung
Horizont, gen Himmel und noch viel weiter. Der Wind dreht, schiebt mich an,
kaum noch Widerstand. Ich nehme Fahrt auf.
Jule
Sonntag, 13. Dezember 2015
3.Advent. Es brennt.
Advent, Advent, es brennt. Kerzenschein, ich allein. Die
Flammen sind heiß, ja klar, ich weiß. Und trotzdem verbrenne ich mich, denke
viel zu oft an dich. Verbrenne mir die Finger und mein Herz, spür‘ ihn wieder, stechender
Schmerz. Offenes Feuer und offene Wunde, Erlösung zu keiner Stunde. Advent,
Advent, ein Lichtlein brennt. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier. Doch du
stehst nicht vor meiner Tür. So lang‘ stand sie dir offen, jetzt hör ich endlich
auf zu hoffen. Ich werd‘ sie verschließen, für immer. Dunkelheit, kein
Lichtschimmer.
Stille Nacht, gib‘ auf dich acht. Hüte dich vor zu viel
Nacht, es gibt niemanden, der wacht. Hüte dich vor zu viel Licht, das
verschleiert dir die Sicht. Zünde eine Kerze an, im stillen Gedenken an
vergangene Zeit. Und sei bereit.
Sei bereit, das Ende ist nicht mehr weit. Es brennen bereits
3 Kerzen. 3 Kerzen, von denen 2 schon um mehr als die Hälfte ihrer Größe
geschrumpft sind und wulstige Wachsränder über Bord werfen. 3 Kerzen, die wie
warnende Ausrufezeichen zu blinken scheinen, es sei genug. 3 Worte, deren
Bedeutung ich nie verstanden habe. Bis jetzt. Bis jetzt, da ich weiß, wie viel
Schmerz sie verursachen können, wie viel Enttäuschung, Wut, Leid. Wie viel
Hoffnung. Wie viel Schönes entstehen und wie viel kaputtgehen kann. Hatte Feuer
gefangen, damit gespielt, mich verbrannt. Funkenregen. Es brennt noch immer. Zeit
heilt alle Wunden, wer aber zählt die Stunden? Aus Stunden werden Tage, aus
Tagen werden Monate und noch immer. Noch immer Funken, zu heiß. Ich warte auf
den Ascheregen.
Advent, Advent, es brennt. Tannenduft, ich bekomme kaum noch
Luft. Ich schaue in die Flammen dieser drei Kerzen, so lange bis sie vor meinen
Augen verschwimmen, bis alles verschwimmt, weil ich vor Tränen nichts mehr
sehe. Brennende Kerzen und brennende Herzen. Eigentlich ist es nur mein Herz,
das in Flammen steht. Das verbrennt. Bis nur noch Asche übrig ist.
Sei bereit, denn es brennen bereits 3 Kerzen. Sei bereit und
warte auf die Schmerzen. Eine Flamme fehlt noch bis zum Ende, zu viel Energie,
die ich verschwende.
Advent, Advent, es brennt. Träume, die ich jetzt versäume.
Trügerisch war der Schein, ich will lieber allein sein. Ich will keine Nähe
mehr, das schmerzt mich viel zu sehr. Ich will endlich erlöst werden vom Regen,
dieses Buch beiseitelegen.
4.Advent. Die letzte Kerze erlischt. Es ist Nacht, stille
Nacht. Ich brauche niemanden, der wacht. Und leise rieselt der Schnee, schwarz
und dunkel liegt vor mir der See. Düster glitzert der Wald, ich freue mich,
denn das Ende kommt bald. Die Hoffnung liegt begraben, ich will meine Freiheit
wieder haben, will tanzen um’s Feuer und im Regen, vergilbte Buchseiten
wegfegen. Ohne Hoffnung, doch mit Zuversicht, schaue ich in’s flackernde Licht.
Heller Schein, es musste wohl so sein. Die Hitze wird der Wärme weichen, ein
bisschen Glut muss reichen. Nach dem Regen kommen Schnee und Eis, und ich weiß,
es wird anders sein. Doch ich bin nicht allein, bin umgeben von stiller Nacht.
Hatte zu viel gedacht und werd‘ jetzt einfach tanzen bis zum Morgenlicht, neues
Jahr und neue Sicht.
Bild von Vicky
Eure Jül
Dienstag, 8. Dezember 2015
Ich will alles. Alles in Maßen.
Ohja, ich fühle mich zurückversetzt, bin wieder Kleinkind, 5
Jahre alt, ungefähr. Stehe im Supermarkt und setze diesen Ort gleich mit dem
Paradies, alles bunt, alles aufregend. Ich will alles. Will alles anfassen, probieren,
herumtragen, haben, essen, besitzen. Will alles sehen, 180 Grad Kopfdrehung ist
nicht genug. 360 Grad? Geht nicht. Ich kann weder alles sehen, noch anfassen,
noch bekomme ich ein jedes dieser verlockenden Produkte. Unverständnis, Trotz,
Wut. Warum nicht?!
Heute ist jetzt und das Leben erscheint mir wie ein riesiger
Supermarkt mit schier endlosem Angebot, nichts, was es nicht gibt. Spaß,
Partys, Freunde. Bekanntschaften, noch mehr Freunde. Freiheit, Ungebundenheit,
Sex. Nur mit ihm, Nähe. Distanz, wenn ich sie mal brauche. Kleidung, Technik,
Schmuck und Schnickschnack. Essen, in allen Farben und Formen. Das süße Leben,
schmecken, riechen, verschlingen. Aber wann ist man satt, wann übervoll?
Bis vor kurzem dachte ich, nie bin ich satt, ich will alles,
alles und noch mehr, mehr ist nicht genug. Ich kann alles haben. Ich will auf
nichts verzichten. Ich will alles mitnehmen. Alles erleben, alles spüren, alles
auskosten. Bis vor kurzem dachte ich, nie höre ich auf damit, immer hoch
hinaus, immer bis zum Schluss. Und dann noch weiter?
Heute ist jetzt und ich will alles, immer noch. Aber in
Maßen. Klingt langweilig? Manchmal, mag sein. Denn manchmal mache ich gar
nichts, will ich gar nichts. Und manchmal übertreibe ich, eh klar. Aber dann
ist auch wieder gut, ich kann mich besinnen, kann einen Gang runterschalten,
oder zwei und komme trotzdem vorwärts. Lieber wähle ich in Maßen als in Massen,
lieber selektiv als ohne Anspruch und Begrenzung. Lieber höre ich auf das, was
mir guttut, als auf das, was mein Kopf mir sagt. Oder die anderen. Die
Gesellschaft. Da entsteht nur Druck und den kann ich nicht brauchen, lieber
lasse ich ihn ab und zwar nicht an mir, nicht an anderen, sondern in die Welt.
In Versen und Verben, Kunst und Kritzeleien, Quatsch. Und dafür brauche ich
Platz, den ich zu wenig habe, wenn ich übervoll bin.
Um mal wieder bildlich zu werden: Natürlich kann man den
ganzen Tag planlos Süßigkeiten zu sich nehmen, Hauptsache, man probiert alles,
jede Farbe, auch die runden und die bunten. Den Punkt, an dem man satt ist?
Verpasst man. Bis zum Völlegefühl. Das ganze Austesten war es dann auch nicht
wert. Maßvoller? Man überlegt sich, worauf man Lust hat und genießt, langsam,
in vollen Zügen und bewusst. Dieses Stück sauteurer Schokolade, das so langsam
auf der Zunge schmilzt, tausend Geschmacksknospen in Schwingung versetzt und
mit ein bisschen Fantasie sogar nach Kaffee schmeckt. Ich überlege mir, worauf
ich Lust habe. Party, Entspannung. Gesellschaft, Allein sein. Rennen,
Spazieren. Stehenbleiben, Innehalten. Und genieße bewusst, diese Nacht mit
euch, diesen Abend mit ihm und diese Stunden mit mir. Vielleicht will ich mehr,
dann ist das okay, dann gönnt man sich halt ein zweites Stückchen. Dafür ist
noch Platz.
Eure Jül
Dienstag, 1. Dezember 2015
Bunte Kiste: November 2015
Sturm und Ruhe. Einbrechen und Aufbauen. Stabiler diesmal. Distanz und Nähe. Stolz und Stärke.
Gefreut über: morgendliche Joggingrunden,
Kaffeemomente, einen undiplomatischen Mälze-Abend, ganz viel Kürbissuppe, einen
Ausflug nach Prag und einen nach Heidelberg, Glühweinmomente, ein chilliges
Wochenende in der Heimat, Besuch aus Rosenheim und aus Berlin, Sektmomente, meine Yoga-Probestunde, den ersten Schnee, neue coole Menschen und den Duft von Mandarinen
Geärgert über: so einiges, was mir aber zurzeit nicht
erwähnenswert scheint
Auszüge aus meinem Tagebuch:
"Wir können so stolz
auf uns sein, haben schon so viel geschafft und schaffen auch noch den Rest.
Und dann? Dann schreiben wir ein Buch, über unsere Geschichte. Eine
Erfolgsgeschichte :)"
"Ich hätte nicht
gedacht, dass ich so stark bin, hatte mich schon beinahe wieder aufgegeben.
Gut, dass sie mir vor Augen geführt hat, was ich alles geschafft habe, schaffen
kann. Genau im richtigen Moment."
"20.Mai 2016. Es ist
machbar."
"Was ist schon normal?
Schwer zu sagen. Aber das hier definitiv nicht."
"Ist das Heimweh? Dabei
vermiss ich keinen Ort. Sondern nur Ruhe, Nähe, Menschen, besondere Menschen.
Und dich."
"Mein Kopf versteht es einfach nicht, begreift mein Herz einfach nicht. So verdammt unlogisch. Es macht keinen Sinn und doch ist es so. Grand Canyon des Widerspruchs."
"Woher soll ich wissen, was gut ist für mich?! Wie viel davon? Wie viel soll es überhaupt um mich gehen, wie viel um andere?"
"Meine Maske ist gefallen, ich will nie wieder Puppe sein."
"Ist das ein Kriterium
für Freundschaft?"
"Dieser Bahnhof. Eine
Erinnerung taucht auf, tausende. Und versetzen mir einen Stich, tausende. Kalt
ist es, mein Atem malt weiße Wölkchen in die Luft. Auch damals war es kalt,
eisig kalt, und trotzdem war mir warm gewesen. Heute friere ich."
"Interessant, was sie
bemerkt hat und vermutlich hat sie recht. Da ist etwas in mir zerbrochen. Aber
das war wichtig. Als wäre die meterdicke Eisschicht eines zugefrorenen Sees
immer dünner geworden und schließlich durchbrochen worden. Scherben, Splitter,
Millionen Eiskristalle. Die Wunden verursacht und Narben hinterlassen haben.
Aus denen Schmelzwasser wurde, das den Schmutz mitgenommen hat. Das mich
befreit hat, irgendwie."
"Vorhersehbar war es. Trotzdem überrascht von diffusem Verlangen. Gedanken machen überflüssig.
Einfach, weil es einfach war."
Und der Dezember?
Ich freue mich auf: Glühwein und Christkindlesmarkt, Schnee
und den coolsten Symbiose-Adventskalender, Snowboarden (diesen Monat
hoffentlich wirklich!), Schafmilchseifen, einen überfälligen Poetry-Slam, die
Vollendung des Chaoten-Projekts, ein bisschen Chillen, mein nächstes Tattoo, Wiedersehen mit
Schwesterherz, eine Geburtstags- und eine Weihnachtsparty
Jule
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