Freitag, 20. November 2015

In was für einer Welt leben wir eigentlich?!

Ein Freitagabend in Deutschland. WG-Essen, Gemütlichkeit. Cocktails, Feierlaune. Wir sind in Sicherheit. Und nehmen es nicht wahr, wissen es nicht zu schätzen, lachen, unbekümmert. Stunden später stellen wir fest, dass diese Sicherheit ein Trugschluss war, dass es Sicherheit gar nicht gibt. Nicht zu 100 %, nicht mal in dieser bayrischen Kleinstadt. Und erst recht nicht in dieser französischen Großstadt.

Menschen sind auf der Flucht, so viele, auf der Flucht vor Krieg, Leid, Terror. Wollen in Sicherheit sein, ihre Liebsten in Sicherheit wissen. Und kommen zu uns. Und müssen wieder bangen, um ihr Leben, um ihre Liebsten. Was ist das für eine Welt? Was passiert gerade? Was wird aus unserer Menschheit, der angeblich intelligentesten Rasse auf diesem Planeten?

Ich bin ein Optimist, manchmal naiv, leicht zu blenden, glaube ich doch immer an das Gute im Menschen. Und werde manchmal enttäuscht, verletzt. Muss feststellen, dass es nicht jeder gut mit mir meint, mit dir auch nicht. Aber dass diese Tatsache zu Misstrauen führt, das uns im Weg steht? Das mich daran hindert, mich dir zu öffnen. Aus Angst verletzt zu werden, mal wieder. Das uns daran hindert, auf Fremde zuzugehen. Aus Angst vor Terrorismus, panisch. Das darf nicht sein. Gerade jetzt ist es wichtig Vertrauen zu haben, in den Staat, die Politiker, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen. In unsere Gesellschaft, an Zusammenhalt und Solidarität. Und vor allem in den Nächsten, der, der neben uns steht, den wir vielleicht nicht kennen, dem wir aber mal die Hand reichen können. Denn aus Misstrauen werden Vorwürfe, die viel kaputtmachen, die Zwietracht säen und uns angreifbar machen.


Also hört auf, denjenigen Vorwürfe zu machen, die trauern, die Mitgefühl zeigen für Paris. Egal, ob öffentlich oder still. Egal, ob sie beten oder ihr Profilbild ändern. Jeder nimmt anders Anteil, jeder trauert anders. Und hört auf, mit dem Finger auf die zu zeigen, die mit ihren Gedanken mehr in Paris sind als in Beirut. Oder Mali oder Afghanistan oder Eritrea. Deutschland ist nun mal geografisch näher an Frankreich. Und viele sind mit unserem Nachbarland auch stärker verbunden als mit einem Land, in dem sie noch nie waren. Ich nehme mich nicht aus. Aber das heißt nicht, dass Kriegs-und Terroropfer in nichteuropäischen Ländern weniger wert sind oder dass ich nicht Anteil nehme an dem, was auf anderen Kontinenten passiert, es ist nur weiter weg, aber trotzdem präsent. Es gibt keinen Maßstab für Trauer, Mitgefühl, Solidarität. Es gibt keine Skala und keinen Richtwert. Wichtig ist doch nur, dass es uns nicht egal ist, was passiert. Dass wir uns wehren, zusammen. Also kommt schon, reißt die Fäuste hoch! Doch davor: nehmen wir uns an der Hand. 

Jül

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