Ein Freitagabend in Deutschland. WG-Essen, Gemütlichkeit.
Cocktails, Feierlaune. Wir sind in Sicherheit. Und nehmen es nicht wahr, wissen
es nicht zu schätzen, lachen, unbekümmert. Stunden später stellen wir fest,
dass diese Sicherheit ein Trugschluss war, dass es Sicherheit gar nicht gibt.
Nicht zu 100 %, nicht mal in dieser bayrischen Kleinstadt. Und erst recht nicht
in dieser französischen Großstadt.
Menschen sind auf der Flucht, so viele, auf der Flucht vor
Krieg, Leid, Terror. Wollen in Sicherheit sein, ihre Liebsten in Sicherheit
wissen. Und kommen zu uns. Und müssen wieder bangen, um ihr Leben, um ihre
Liebsten. Was ist das für eine Welt? Was passiert gerade? Was wird aus unserer
Menschheit, der angeblich intelligentesten Rasse auf diesem Planeten?
Ich bin ein Optimist, manchmal naiv, leicht zu blenden,
glaube ich doch immer an das Gute im Menschen. Und werde manchmal enttäuscht,
verletzt. Muss feststellen, dass es nicht jeder gut mit mir meint, mit dir auch
nicht. Aber dass diese Tatsache zu Misstrauen führt, das uns im Weg steht? Das
mich daran hindert, mich dir zu öffnen. Aus Angst verletzt zu werden, mal
wieder. Das uns daran hindert, auf Fremde zuzugehen. Aus Angst vor Terrorismus,
panisch. Das darf nicht sein. Gerade jetzt ist es wichtig Vertrauen zu haben,
in den Staat, die Politiker, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen. In
unsere Gesellschaft, an Zusammenhalt und Solidarität. Und vor allem in den
Nächsten, der, der neben uns steht, den wir vielleicht nicht kennen, dem wir aber
mal die Hand reichen können. Denn aus Misstrauen werden Vorwürfe, die viel
kaputtmachen, die Zwietracht säen und uns angreifbar machen.
Also hört auf, denjenigen Vorwürfe zu machen, die trauern,
die Mitgefühl zeigen für Paris. Egal, ob öffentlich oder still. Egal, ob sie
beten oder ihr Profilbild ändern. Jeder nimmt anders Anteil, jeder trauert
anders. Und hört auf, mit dem Finger auf die zu zeigen, die mit ihren Gedanken
mehr in Paris sind als in Beirut. Oder Mali oder Afghanistan oder Eritrea.
Deutschland ist nun mal geografisch näher an Frankreich. Und viele sind mit
unserem Nachbarland auch stärker verbunden als mit einem Land, in dem sie noch
nie waren. Ich nehme mich nicht aus. Aber das heißt nicht, dass Kriegs-und
Terroropfer in nichteuropäischen Ländern weniger wert sind oder dass ich nicht
Anteil nehme an dem, was auf anderen Kontinenten passiert, es ist nur weiter
weg, aber trotzdem präsent. Es gibt keinen Maßstab für Trauer, Mitgefühl,
Solidarität. Es gibt keine Skala und keinen Richtwert. Wichtig ist doch nur,
dass es uns nicht egal ist, was passiert. Dass wir uns wehren, zusammen. Also
kommt schon, reißt die Fäuste hoch! Doch davor: nehmen wir uns an der Hand.
Jül
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