…in einer Welt, in der nichts sicher scheint. Worte aus
einem Liedtext von Silbermond, der Erinnerungen wachruft und Worte, die mir gerade
durch den Kopf gehen, mich am Schlafen hindern. Ich hätte gern eine Garantie,
am besten ohne Verfallsdatum. Ich hätte gern eine Garantie, dass schon alles
gut wird. Dass ich auf dem richtigen Weg bin, die richtigen Entscheidungen
treffe. Dass ich meine Sache gut mache, dass ich die richtigen Sachen mache.
Dass es sich lohnt, weiterzugehen, Mut zu haben, zu springen, in’s kalte Wasser
und in unbekannte Seen. Dass es sich lohnt, dieses Risiko einzugehen, jeden Tag
irgendein Risiko einzugehen. Aber es gibt keine Garantie und auch keine
Sicherheit. Zu viele Wagnisse und zu wenig Mut, diese einzugehen. Zu springen.
Und oft fühlt es sich gut an, freier Fall, fliegen fast.
Es gibt Menschen, die haben anscheinend irgendwo eine Quelle
entdeckt, an der sie Mut schöpfen können, tonnenweise. Die permanent springen
können, in’s Ungewisse, die scheinbar keine Sicherheit brauchen. Ich gehöre
nicht dazu und ich habe auch noch keinen Ort gefunden, an dem der Rohstoff Mut
unerschöpflich ist. Ich brauche Halt und ich brauche Sicherheit, brauche die
Gewissheit, die mir niemand geben kann. Ich bin beruhigt, wenn ich weiß, was
heute noch passiert, was auf mich zukommt, worauf ich mich einstellen muss. Was
morgen auf mich wartet. Was ich tun werde und wann und was andere Menschen tun
werden. Dann weiß ich was, passiert und kann mich darauf vorbereiten. Innerlich
und äußerlich.
Aber weiß ich, was passiert? Menschen sind keine Maschinen
und das Leben ist unberechenbar, macht manchmal komische Dinge, überrascht und
enttäuscht. Das Leben enttäuscht vor allem dann, wenn ich etwas ganz Bestimmtes
erwarte, mir etwas ganz Bestimmtes erhoffe, mir alles in rot und gelb ausmale
und mit Blumen ausschmücke. Und dann kommt alles ganz anders, alles ist orange
und lila und ohne Blumen und ich bin enttäuscht. Weil meine Vorstellungen nicht
mit der Realität übereinstimmen. Weil ich mir zu viele Details vorgezeichnet
hatte, nicht mit Bleistift, nicht auszuradieren. Weil ich wissen wollte, was
passiert, Sicherheit wollte. Aber was passiert, wenn ich nicht weiß, was
passiert?
Dann bin ich vielleicht nervös, aufgeregt. Habe Angst vor
dieser Ungewissheit. Kann mich an nichts und niemanden klammern, kann mich nur
selbst festhalten, mir selbst Halt geben. Auf mich selbst vertrauen und darauf,
dass ich klarkomme mit dem, was kommt. Dass mich das, was kommt, nicht
erstickt. Vielleicht raubt es mir den Atem, macht mich sprachlos, lässt mich
vergessen zu atmen. Aber dann füllt es mich vielleicht aus, gibt mir neue Luft
zum Atmen. Vielleicht ist diese Ungewissheit schön. Weil alles möglich ist, weil
es keine Grenzen gibt, alles kann passieren, alles kann anders passieren,
nichts ist beständig, nichts ist kalkuliert. Weil ich mich auf alles freuen
kann, weil es keine Erwartungen gibt, alles kann ich wollen und alles kann sich
verändern, nichts schränkt mich ein, nichts ist berechnet. Unberechenbar,
Abenteuer.
Und dann bin ich vielleicht mutig und trau mich, lass‘ ich
ein auf diese Ungewissheit, lass‘ mich mitreißen von orange und lila, lass mir
die Sicht vernebeln und sehe Dinge klarer, sehe Neues und finde es schön. Dann
lass‘ ich mich ein auf diese Ungewissheit, habe keine Garantie, brauche sie
nicht. Brauche nur Mut. Dann find‘ ich vielleicht die Sicherheit in der
Unsicherheit, bin mir selbst sicher und finde Halt im Sprung, im Gefühl, Mut zu
haben, in’s kalte Wasser zu springen und glücklich wieder aufzutauchen, Wasser
zu schlucken und Glück zu schmecken. Sich verschlucken und Luft holen. Anlauf
nehmen, springen und fliegen.
Gib mir ein kleines bisschen Mut, in einer Welt, in der man
ihn braucht. Gib mir in dieser schnellen Zeit irgendwas, das bleibt.
Eure Jül
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