Was machst du heute Abend? – Weiß noch nicht, mal schauen.
Je nachdem, wonach mir ist. Entscheide ich spontan.
Festlegen, für was?
Kommst du in drei Wochen mit aufs Konzert von abc? – Weiß
noch nicht, mal schauen. Da wäre eigentlich noch die Party von xyz und
eigentlich wollte ich noch neue Städte erkunden und eigentlich wollte ich
sparen…kann ich das spontan entscheiden?
Festlegen, für wen?
Und dann, dann bist du fertig, Bachelor. Was willst du machen? – Hm, gute Frage. Erstmal reisen und
vielleicht arbeiten, vielleicht ein Praktikum. Mal schauen, was sich so ergibt
eben.
Festlegen, wozu?
Ist das euer, ist das unser Ernst?
Niemand kann, niemand will sich festlegen. Treffen
auszumachen wird immer schwieriger, immer schwieriger zu planen. Für jemanden,
der gerne plant, fällt das natürlich sofort auf, wird das natürlich
kompliziert. Aber auch für alle anderen. Auch wenn es praktisch ist, sich im
letzten Moment für oder gegen etwas oder für etwas ganz anderes entscheiden zu
können, für alle anderen ist es ziemlich anstrengend. Kann man auf dich zählen?
Kann man dich mit einplanen? Sollte man sich Zeit freihalten?
Ich will mir nicht ein ganzes Wochenende freihalten, nur
damit wir uns an einem Abend eventuell ganz vielleicht spontan sehen können.
Ich will nicht auf deinen Anruf warten, der dann kommt, wenn es dir gerade
passt. Ich will auch nicht jeden Tag, jede Stunde meines Lebens durchplanen.
Aber ich will ein bisschen Beständigkeit und ein wenig Zuverlässigkeit und
merke gleichzeitig, dass mir selbst das immer schwerer fällt.
Was, wenn sich mir im letzten Moment eine viel bessere
Option bietet? Wenn ich dann schon anderweitig zugesagt habe? Etwas verpasse?
Was, wenn ich ihr zusage, er dann aber doch Zeit hat? Will
ich ihn nicht so viel lieber sehen? Aber will ich ernsthaft auf ihn warten?
Was willst du eigentlich?
Das ist wohl die wichtigste Frage. Ich will reisen, etwas
von der Welt sehen, Berufserfahrung sammeln, etwas Geld verdienen, ich will
all‘ das und noch viel mehr, am besten auf einmal. Zu viel? Vielleicht ja
nicht, vielleicht lässt sich das alles kombinieren, aber dafür muss ich planen,
überlegen, etwas tun. Mich bewerben, mich informieren und mich festlegen.
Vielleicht nur auf eine Option, vielleicht nicht die beste, vielleicht eine,
die sich als die beste erweist. Von nichts kommt nichts, wohl wahr. Das
schließt nicht aus, dass sich durch einen glücklichen Zufall eine Möglichkeit
ergibt, mit der man zuvor nicht gerechnet hat, die man nicht einkalkuliert hat.
Und ja, dann sollte man vielleicht kurzentschlossen genug sein, diese
Möglichkeit zu ergreifen, ohne wirklich darauf vorbereitet zu sein. Ins kalte
Wasser springen. Und nach dem ersten Kälteschock neu schwimmen lernen, auf zu
neuen Ufern eben.
Was willst du eigentlich?
Ich will einen coolen Sommer erleben, Spaß haben, Zeit mit
Freunden und mir selbst verbringen, das Leben genießen, ihn wiedersehen. Das
wollt ihr auch, nicht wahr? Aber spielt der Ort wirklich noch eine Rolle dabei?
Oder das, was man macht? Eigentlich ist fast jedes Gespräch mit dir, egal, ob
im Bett, im Auto oder auf einer Parkbank, eine größere Bereicherung als jedes
Konzert, jedes Festival und jeder Städtetrip. Der Tag ist doch schon ausgefüllt
mit dir und mir, dazu braucht es keinen Schnickschnack. Und wenn ich Lust auf
Gesellschaft habe, dann ist es egal, wo und was wir machen, Hauptsache wir
verbringen Zeit miteinander. Und wenn ich dich wiedersehen will und weiß, dass
ich das will, dann fahre ich auch durch das halbe Land und dann plane ich das
auch und kann es gar nicht bereuen, kann nichts anderes verpassen. Weil ich
weiß, dass ich das will.
Was willst du eigentlich?
Heute Abend? Da habe ich keine Zeit, habe ihr versprochen, dass wir uns sehen. Morgen? Da bin ich verplant, gehe ins Kino. Übermorgen? Da will ich mir einen gemütlichen Abend machen, nur ich. Egal, wofür oder für wen oder für was ich mich festlege: Das ist kein Arbeitsvertrag. Oder noch schlimmer, das ist auch kein Ehevertrag. Ich kann immer noch absagen, mich umentscheiden, etwas ändern, kann immer noch Zurück, wenn es denn notwendig ist oder wenn es nicht anders geht oder wenn es darum geht, was mir gut tut. Letzteres kann von Tag zu Tag verschieden sein, klar, aber normalerweise wissen wir doch, was uns gut tut. Normalerweise weiß ich, was ich will. Und
klar, manchmal will ich mich bewusst nicht festlegen, will alles auf mich zukommen lassen, will ein bisschen überrollt und vielleicht überrascht werden. Aber manchmal will ich auch einfach noch die uns verbleibende Zeit hier mit euch genießen und das erfordert eben ein wenig Planung. Manchmal will ich auch einfach viel zu viel.
Was will ich eigentlich?
Ich will meinen Weg gehen, mein Ding machen. Aber mit Rücksicht
auf andere. Ich will etwas bewirken, ein bisschen zumindest. Glücklich werden,
andere glücklich machen. Und das ist manchmal einfacher als man denkt. Dazu
braucht es oft keinen Poetry-Slam, kein Konzert, keine Party. Nichtmal Schuhe
oder Schokolade. Glück kommt mit relativ wenig aus, braucht keinen
Schnickschnack. Nur deine Aufmerksamkeit.
Das heißt, wir können uns alle dem
Moment widmen, den wir gerade echt und real erleben und müssen nicht in
Gedanken Terminkalender wälzen, können Fragezeichen ausradieren, die uns dazu
bringen unsere Entscheidung für diese eine Option anzuzweifeln und sie zu
bereuen. Es gibt keine bessere Option, es gibt nur den besten Umgang mit deiner
Entscheidung. Und dann vielleicht den besten Moment.
Jül
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