Dienstag, 8. September 2015

Öfter mal … laufen, soweit die Füße tragen

Jener Tag im August war ein Sonntag. Entspannung, die Füße hochlegen, die Sonne genießen. Sollte man meinen. Aber jener Sonntag war anstrengend, nicht körperlich, nein, aber emotional. So anstrengend, dass ich mich vor lauter Gefühlen leer gefühlt habe, dass mein Kopf gepocht hat als würde dort eine neue Stadt errichtet werden, Baustelle, Lärm, Presslufthammer. So anstrengend, dass jeder Gedanke zäh und schwer war wie Blei, dass ich nicht mehr wusste, was ich will und was nicht.

Und dann habe ich das gemacht, was ich früher so oft und so lange nicht mehr gemacht habe: Ich bin in meine Sportschuhe geschlüpft, hab‘ meinen IPod herausgekramt und bin losgelaufen, im Takt der Musik und im Einklang mit meinem Atem. So episch ging’s nicht weiter, bald merkte ich, dass ich schon lange nichts mehr für meine Ausdauer getan hatte, mir fehlte die Luft zum Atmen, das Blut stieg mir in den Kopf und meine Beine wurden schwer. Aber ich merkte auch, wie gut es tat, einfach nur zu laufen, mich zu bewegen, einfach vorwärts, immer weiter. Nicht denken, nur laufen, links, rechts, links. Nicht denken, nur atmen, ein, aus, ein.

Ich merkte, wie die Sonne auf mein Gesicht brannte, sich Schweißperlen auf meiner Stirn sammelten und an meinen Schläfen herabrannen. Ich merkte den leichten Luftzug beim Laufen, der mich nur minimal abkühlte. Ich spürte Zweige, die mir auf diesem schmalen Waldweg in’s Gesicht klatschten, den Boden unter meinen Füßen, wie ich hart aufsetzte und doch weich zurückgefedert wurde. Rhythmisches Klopfen meiner Schritte, Hintergrundbeat. Ich spürte, wie anstrengend das war und wie viel Kraft ich doch hatte, spürte meine Sehnen und Muskeln und den Willen meines Körpers, mich bis an’s Ende der Welt zu tragen. Naja fast. Aber nicht nur meine Beine bewegten sich, bewegten sich schnell und kraftvoll, sondern auch meine Gedanken.

Wenn ich mehr Puste gehabt hätte, hätte ich wohl lachen müssen, so einfach schien mir jetzt alles. Ich wusste, was ich machen muss. Ich wusste es schon vorher, weiß, was das Richtige ist, auch wenn es schwer ist. Ich weiß, dass es irgendwann wieder leichter wird, dass ich irgendwann wieder besser Luft bekomme, wie jetzt nach dieser Waldrunde. Ich weiß, dass ich mich freikämpfen muss, so wie ich mich jetzt freilaufen musste. Ich weiß, dass es anstrengend wird, aber ich weiß auch, dass es mir danach besser geht, erschöpft, außer Atem, aber angenehm ruhig. Verschnaufpause. Und dann wieder weiter, soweit mich meine Füße tragen.


Was ich daraus lerne und was ich euch mitteilen will? Dass es verdammt guttut sich selbst und seinen Körper zu spüren, Anstrengung, Muskelbewegung. Egal, ob Joggen, Rad fahren, Seil springen oder Trampolin. Egal, ob Schwimmen, Karate, Tanzen oder Boxen. Hauptsache bewegen, ins Schwitzen kommen, raus, raus, tob‘ dich aus. Mach ‘ne Pause, Denkpause, lenk dich ab. Und die Gedanken denken weiter, ganz alleine, aber du, du denkst nicht nach, machst einfach. Konzentrierst dich auf die Bewegung und deinen Atem und wenn du dann außer Atem bist, erschöpft, wirst du merken, dass du mehr Kraft hast als zuvor. Nicht körperlich in diesem Moment, aber geistig. Dass du kreativer bist, wacher, voll bist mit Sauerstoff und Ideen. Und vielleicht wirst du wie ich merken, dass einige Dinge klarer geworden sind, dass du leichter Entscheidungen treffen kannst, dass du weißt, was du brauchst und was du für dich tun musst. Weil du dich gespürt hast, mit deinen Grenzen und deiner Kraft. Weil dein Atem die Gedanken in geordnete Bahnen gelenkt hat und deine Füße dich auf den richtigen Weg gebracht haben, dich weiter tragen werden. Vielleicht sogar bis an’s andere Ende der Welt :) 

Eure Jule

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