Ich habe fünf Karten in der Hand, glatt sind sie und farbig.
Sie stehen für Hoffnung, für meine Träume, für Gleichgewicht, für Vertrauen und
für den Augenblick. Sie bilden das Gerüst, Grundgerüst, für’s Leben. Ich
umklammere sie so fest, dass meine Fingerknöchel weiß hervortreten, als müsste
ich mich an ihnen festhalten, als müsste ich meine Hoffnungen festhalten, von
denen einige zerstört wurden. Als müsste ich meine Träume festhalten, die mir
entgleiten wollen. Mein Gleichgewicht, das wackelt und kurz davor ist, zum
Ungleichgewicht zu werden. Mein Vertrauen, das so sehr erschüttert wurde, dass
ich es jetzt nur noch symbolisch in dieser Karte sehe. Und als müsste ich den
Augenblick festhalten, jeden Augenblick, wo es mir so schwer fällt, in eben
diesem präsent zu sein. Ich klammere mich also an diese Karten, Spielkarten und
fange an zu bauen, Kartenhaus. Ich weiß nicht, wie das gehen soll, wie ich
bauen soll, worauf, wie soll das stabil werden. Was ist das Fundament?
Ich baue nicht mehr auf das, was andere zu mir sagen, was
andere zu mir hätten sagen sollen. Ich baue nicht auf andere Menschen. Die sind
da, die sind wichtig, sind mir eine Stütze, aber nicht mein Fundament, nicht
mein einziges. Ich baue nicht auf das, was ich habe, zu schnell kann es
einstürzen. Ich baue auf mich. Auf das, was ich kann und auf das, was ich bin.
Auf das, was ich nicht kann, nicht bin. Ziele können sich verändern, Menschen
können mich täuschen und verlassen, Worte sich verflüchtigen, Erfolg auch. Aber
ich, mit all dem, was mich ausmacht, bin da, bin mein eigenes Fundament. Und
ich baue, jeden Tag, an meinem Kartenhaus. Mal alleine, mal mit Hilfe. Mal schnell,
mal langsam. Langsam und vorsichtig setze ich die Karten aufeinander, behutsam.
Herz, Bube, Dame, König. Vielleicht ist ein Ass dabei.
Vielleicht ist das auch alles nur ein Spiel, Spiel des
Lebens. Mal hält das Gerüst, mal fällt es in sich zusammen, um wieder aufgebaut
zu werden, andere Zusammensetzung, neues Spiel. Und ich ziehe die oberste
Karte, decke sie auf und baue von vorne, baue auf mein Fundament. Das ist da,
das hält, das trägt mich. Ich trage mich selbst und bin im Umbruch, Baustelle.
Bin jeden Tag anders und doch immer dieselbe, immer das gleiche Fundament. Und
vielleicht braucht es ab und an ein bisschen Glück in diesem Spiel, denn die
Würfel sind noch nicht gefallen.
Die Karten werden neu gemischt.
Eure Jül
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