Montag, 13. Juli 2015

Aller Anfang ist schwer. Jedes Ende auch.

Und am Anfang war ein Blick. Ein Wort. Ein Bild. Und aus den Blicken wurden Berührungen, aus den Wörtern Sätze, ja Geschichten sogar, aus den Bildern wurde ein Film. Komödie, Romanze, Action, alles in einem. Drama. Ein Film, in dem ich Hauptdarstellerin war, aber nicht Regisseur. Ein Film, der mich überrascht hat, bewegt, mitgerissen. Der mich zerrissen hat. Der kein Happy End hat. Ein Film, der mehr Doku ist als Fantasy, der Realität ist, der das echte Leben zeigt. Und jetzt läuft der Abspann und ich bin nicht mehr Hauptdarstellerin. Bin auf dem Boden gelandet. Sitze da und schlucke, kämpfe mit allem, was offen geblieben ist. Wünsche mir, dass der Film nochmal anfängt, von vorne läuft, Neuanfang. Wünsche mir, dass er anders endet, dass er gar nicht endet, verdammt. Wünsche mir, dass dieses Ende nur das Ende eines Films ist und nicht das wirkliche, echte Ende dieser Geschichte, unserer Geschichte. Aber ja, das Leben ist kein Wunschkonzert. Ich sitze also hier und sehe dem Abspann zu, sehe all die Bilder an mir vorbeiziehen, versuche zu begreifen, dass sie sich jetzt in Erinnerungen verwandeln, Erinnerungen, die mit der Zeit vergilben und verblassen. Versuche zu verstehen, warum. Aber ich darf nicht sitzenbleiben, muss aufstehen, weitergehen. Der Abspann läuft, das letzte Bild geknipst, das Kapitel ist zu Ende. Kein Wort wird mehr gesagt, jedes weitere wäre zu viel, ich berühr‘ dich auch nicht mehr, versprochen. Und ich schließe meine Augen. Verschließe sie vielleicht vor der Wahrheit, vor der Realität. Möchte vielleicht ein bisschen weiterträumen, den Film ein bisschen weiterdrehen, anders. Aber ich muss aufhören. Aufhören und neu anfangen.


Gar nicht einfach, echt nicht. Jede Erfahrung, jede Reise, jede Geschichte hinterlässt Spuren. Deine Hände auf meiner Haut sowieso. Spuren im Herzen. Aber sie zurückverfolgen? Irrgarten, Umweg, Sackgasse. Vorwärts ist die richtige Richtung. Unklar, verschwommen ist der Weg. Und unsicher mein Gefühl. Ich blicke zurück und sehe all die Spuren, die dieses Land hinterlassen hat, die du hinterlassen hast. Habe Angst, dass sie verschwinden. Will sie in Stein gemeißelt haben, festhalten, mich vielleicht daran festhalten. Aber so komm‘ ich wohl nicht vorwärts.

Als würde ich neu laufen lernen, meine Beine gehorchen mir nicht. Ich stolpere, strauchele, falle. Wie anstrengend. Aber ich will gehen, laufen, rennen, hüpfen. Tanzen, durch Pfützen, Sommerregen und durch‘s Leben. Also versuche ich weiter, von neuem, von Anfang an. Immer wieder, immer wieder Neuanfang. Aufregend irgendwie. Unsicher, aber spannend. Hab ein neues Blatt vor mir, kann mir überlegen, wie ich es gestalte. Vielleicht male ich und such mir die Farben aus. Vielleicht schreib‘ ich erst mal nur ein Wort. Die Sätze kommen dann schon, die Geschichten auch, noch ungeschrieben. Die vergangenen Kapitel? Die beeinflussen vielleicht die kommenden, vielleicht haben sie auch nur einen Platz in diesem Buch, einen Platz in meinem Herzen. Gehören zu meiner Geschichte, die aus so vielen Farben besteht, dass bunt als Bezeichnung nicht ausreicht. So viele Farben, die nicht verblassen werden, weil sie in meiner Erinnerung lebendig bleiben. Wie ein Film, den ich abspielen kann, wenn ich mag. Aber jetzt nehm‘ ich erstmal eine neue Perspektive an und lass die Kamera laufen.

Dinge verändern sich, Situationen, Menschen. Sie verändern dich und deine Sichtweise. Perspektivwechsel. Du befindest dich in einer anderen Situation mit einer anderen Sichtweise, musst klarkommen. Orientierungslos. Du suchst nach Halt und findest in nicht in Dingen, Situationen, Menschen. Aber in dir. Schnitt, der Vorhang ist gefallen, das Licht geht aus. Ich sitze im Dunkeln und spüre das weiche Sitzpolster auf meiner Haut, spüre den Nachklang vom harten Schlag der Enttäuschung. Ein dumpfer Ton, Moll. Traurig, aber schön irgendwie. Es hätte ja auch hässlich enden können, vieles hätte kaputtgehen können. Aber vielleicht ist dieses Ende erst der Anfang. Keine Fortsetzung, keine Wiederholung, aber Neuanfang, neues Kapitel.

Meine Augen haben sich an das Dunkel gewöhnt, ich stehe auf, tapse umher. Suche den Lichtschalter, den Weg nach draußen. Und laufe los, fange ein neues Kapitel an.


Das Ende? Noch nicht in Sicht. Der Anfang? Wird jetzt geschrieben. 

Eure Jül

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen