Und am Anfang war ein Blick. Ein Wort. Ein Bild. Und aus den
Blicken wurden Berührungen, aus den Wörtern Sätze, ja Geschichten sogar, aus
den Bildern wurde ein Film. Komödie, Romanze, Action, alles in einem. Drama.
Ein Film, in dem ich Hauptdarstellerin war, aber nicht Regisseur. Ein Film, der
mich überrascht hat, bewegt, mitgerissen. Der mich zerrissen hat. Der kein
Happy End hat. Ein Film, der mehr Doku ist als Fantasy, der Realität ist, der
das echte Leben zeigt. Und jetzt läuft der Abspann und ich bin nicht mehr
Hauptdarstellerin. Bin auf dem Boden gelandet. Sitze da und schlucke, kämpfe
mit allem, was offen geblieben ist. Wünsche mir, dass der Film nochmal anfängt,
von vorne läuft, Neuanfang. Wünsche mir, dass er anders endet, dass er gar
nicht endet, verdammt. Wünsche mir, dass dieses Ende nur das Ende eines Films
ist und nicht das wirkliche, echte Ende dieser Geschichte, unserer Geschichte. Aber
ja, das Leben ist kein Wunschkonzert. Ich sitze also hier und sehe dem Abspann
zu, sehe all die Bilder an mir vorbeiziehen, versuche zu begreifen, dass sie
sich jetzt in Erinnerungen verwandeln, Erinnerungen, die mit der Zeit vergilben
und verblassen. Versuche zu verstehen, warum. Aber ich darf nicht
sitzenbleiben, muss aufstehen, weitergehen. Der Abspann läuft, das letzte Bild
geknipst, das Kapitel ist zu Ende. Kein Wort wird mehr gesagt, jedes weitere
wäre zu viel, ich berühr‘ dich auch nicht mehr, versprochen. Und ich schließe
meine Augen. Verschließe sie vielleicht vor der Wahrheit, vor der Realität.
Möchte vielleicht ein bisschen weiterträumen, den Film ein bisschen
weiterdrehen, anders. Aber ich muss aufhören. Aufhören und neu anfangen.
Als würde ich neu laufen lernen, meine Beine gehorchen mir
nicht. Ich stolpere, strauchele, falle. Wie anstrengend. Aber ich will gehen,
laufen, rennen, hüpfen. Tanzen, durch Pfützen, Sommerregen und durch‘s Leben.
Also versuche ich weiter, von neuem, von Anfang an. Immer wieder, immer wieder
Neuanfang. Aufregend irgendwie. Unsicher, aber spannend. Hab ein neues Blatt
vor mir, kann mir überlegen, wie ich es gestalte. Vielleicht male ich und such
mir die Farben aus. Vielleicht schreib‘ ich erst mal nur ein Wort. Die Sätze
kommen dann schon, die Geschichten auch, noch ungeschrieben. Die vergangenen
Kapitel? Die beeinflussen vielleicht die kommenden, vielleicht haben sie auch
nur einen Platz in diesem Buch, einen Platz in meinem Herzen. Gehören zu meiner
Geschichte, die aus so vielen Farben besteht, dass bunt als Bezeichnung nicht
ausreicht. So viele Farben, die nicht verblassen werden, weil sie in meiner
Erinnerung lebendig bleiben. Wie ein Film, den ich abspielen kann, wenn ich
mag. Aber jetzt nehm‘ ich erstmal eine neue Perspektive an und lass die Kamera
laufen.
Dinge verändern sich, Situationen, Menschen. Sie verändern
dich und deine Sichtweise. Perspektivwechsel. Du befindest dich in einer
anderen Situation mit einer anderen Sichtweise, musst klarkommen.
Orientierungslos. Du suchst nach Halt und findest in nicht in Dingen, Situationen,
Menschen. Aber in dir. Schnitt, der Vorhang ist gefallen, das Licht geht aus. Ich
sitze im Dunkeln und spüre das weiche Sitzpolster auf meiner Haut, spüre den
Nachklang vom harten Schlag der Enttäuschung. Ein dumpfer Ton, Moll. Traurig,
aber schön irgendwie. Es hätte ja auch hässlich enden können, vieles hätte
kaputtgehen können. Aber vielleicht ist dieses Ende erst der Anfang. Keine
Fortsetzung, keine Wiederholung, aber Neuanfang, neues Kapitel.
Meine Augen haben sich an das Dunkel gewöhnt, ich stehe auf,
tapse umher. Suche den Lichtschalter, den Weg nach draußen. Und laufe los, fange ein neues Kapitel an.
Das Ende? Noch nicht in Sicht. Der Anfang? Wird jetzt geschrieben.
Eure Jül
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen