Freitag, 20. Februar 2015

Eine Ode an den Sommer

Sommer. Sommer überall.

Farbe. Farbe überall. Farbe in meinen Augen, in meiner Nase, in meinem Mund. Ich huste und blinzele und schniefe, aber sehen und riechen kann ich nichts. Nur fühlen. Ich fühle den Farbstaub in der Luft, ich fühle ihn auf meiner Haut, wie er sich mit meinem Schweiß vermischt und kleben bleibt. Ich fühle die Menschen neben mir, lachende, schreiende, singende Menschen. Die auf und ab hüpfen und mich aus dem Gleichgewicht bringen, aber damit es ihnen nicht gelingt, reiße ich die Augen auf und klammere mich an den nächst besten Menschen von ihnen. Oh, groß ist er. Und bunt, sein ganzes Gesicht ist voller Farbe, nur das Blau seiner Augen sticht hervor. Und die Lachfalten drum herum. Ich höre, wie er lacht, so laut, dass es sogar den dröhnenden Bass der Elektrobeats übertönt. Und er sagt: „Du bist ja viel zu klein für diese Welt, weiter oben bekommst du nicht so viel ab und dafür mehr mit!“. Ehe ich etwas zurückgeben kann, sitze ich schon auf seinen Schultern. Wahnsinn. Jetzt sehe ich auch wieder etwas. Menschen, bunte Menschen, bunte Menschen, die auf und ab hüpfen, andere tanzende Menschen aus dem Gleichgewicht bringen und Farbstaub in die Luft werfen. Die Luft ist auch bunt. Bunt und staubig und erfüllt von Musik, von Hitze und von Sommer. Ja, ich bin mitten drin im Holi Festival und voller Farbe.

Sand. Sand überall. In meinen Haaren, die ich am liebsten nie wieder kämmen würde. Und in meinem Mund, in dem er zwischen meinen Zähnen knirscht und versucht, den Geschmack von Zitroneneis zu vertreiben. Sand ist auch auf meiner Haut, jede Menge sogar. Dort bleibt besonders viel kleben, Sonnencreme sei Dank. Ich betrachte meinen Arm, seltsam schön sieht er aus, als hätte ihn jemand überzuckert. Schade, dass Sand nicht nach Zucker schmeckt! Aber gut fühlt er sich an. Ich bohre meine Zehen in den feinen Riesel und spüre die einzelnen Körnchen, Muschelstückchen, grabe tiefer, bis der Sand kalt wird, angenehm kalt bei dieser Hitze. So bleibe ich liegen. Wie lange? So lange, bis sich meine Gedanken im Kreis drehen, solange, bis die Flut kommt und solange, bis die Sonne leise, aber mit einem Orchester an Farben im Meer versinkt. So lange, bis es dunkel wird, bis die ersten Sterne auf dieser kleinen Nordseeinsel zu sehen sind und ich mir bei der ersten Sternschnuppe etwas wünschen kann. Dann erst mache ich mich auf den Heimweg und hinterlasse hinter mir meine Fußabdrücke im weichen, festen Sand.


Sonne. Sonne überall. Das wurde auch Zeit, immerhin sitze ich schon seit geschlagenen vierzig Minuten auf dieser Baustelle in Regensburg, die ich mir als Schauplatz für das optimale Foto ausgesucht habe. Vierzig Minuten, die um fünf Uhr morgens doch eher als Synonym für Ewigkeit stehen. Doch vergessen ist die Warterei, als die Nacht Platz macht für diesen rotgelborangen Feuerball, der sich langsam, aber unaufhaltsam den Horizont emporschiebt. Mir wird fast schwindelig. Nicht, weil ich in ein paar Metern Höhe auf einem Kran sitze und versuche, eine gute Position zu finden, die es mir erlaubt, das perfekte Foto zu schießen. Eher, weil ich geblendet werde von der Schönheit dieses Moments. Und vom Sonnenlicht natürlich. Eben dieses taucht die Konturen der Baustelle vor mir, der Autobahn zu meiner Linken und der Felder zu meiner Rechten in ein warmes, goldenes Licht. Faszinierend. Das finden wohl auch die Vögel, deren fröhliches Gezwitscher ich auf einmal überdeutlich hören kann und die sich wie ich auf den bevorstehenden Tag freuen. Einen Tag voller Sommer, voller Sonne.          


Eure Jül
  

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