Sonntag, 28. August 2016

#juleimlanddertausendhügel – Erste Eindrücke

Sonnenlicht kitzelt meine Nase, unterbricht meine bunten, wirren Träume mit hellen Pünktchen und lässt mich wach werden. 6:03 Uhr. Sonnenaufgang. Zu früh, viel zu früh. Verschlafen ziehe ich mir meine geliebte, so gar nicht peinliche Schlafmaske über die Augen und falle nochmal in einen leichten Schlaf. Fast schlafe ich zu lange, verheddere mich im Moskitonetz und springe unter die – eiskalte - Dusche. Immerhin bin ich jetzt wach. :)


Vom roten Sand verfärbte Schnürsenkel.

Socken, die nie wieder weiß werden.

Wind, der mir beim Moto fahren beinahe den schlecht sitzenden Helm vom Kopf reißt.

Staub, in den Haaren, im Gesicht, überall.

Sonne, in deinem Lächeln, deinen Augen, überall.


Dunkelheit, die sich wie ein Vorhang über – meist sogar geteerten – Straßen dieser Stadt legt. 18 Uhr. Als hätte jemand das Licht ausgeknipst. Ich weiß nicht, ob ich mich daran gewöhnen werde, dass die Dämmerung einfach übersprungen wird. Ich weiß nicht, ob ich mich daran gewöhnen werde, nachts durch die Straßen laufen zu können ohne Angst zu haben. Ich bin hier sicher, aber Sicherheit hat auch hier ihren Preis.


Avocados, die ohne Salz und Pfeffer schmecken. Bananen, die so süß sind, dass sie problemlos als Süßigkeiten durchgehen.

Lichtermeer. Wir gehen lachend aus dieser winzigen Bar, in der wir uns gerade mit den besten Kochbananen die Bäuche vollgeschlagen haben. Stockfinster ist es und unter uns liegt die Stadt, die aus unzähligen Sternen zu bestehen scheint. Wir versuchen, diesen seltsamen Zischlaut nachzuahmen, aber die Motos kommen auch so, zu auffällig sind unsere weißen Gesichter, zu verlockend die Aussicht, das Doppelte für eine Fahrt verlangen zu können. Kurzer Wortwechsel auf Kinyarwanda, Englisch und Französisch und ich schwinge mich auf das Moto, das den Berg hinunter mit mir ins Lichtermeer rast.


Komisch, dass ich gar keine Angst habe, mich nicht unsicher fühle, keine Zweifel habe. Das ist definitiv neu. Und fühlt sich definitiv gut an.

Ein bisschen Optimismus, Leichtsinn und Naivität hat noch niemandem geschadet.

Samosas und Chapati, so heiß, dass ich mir Finger und Mund verbrenne. Aber viel zu lecker, um zu warten.

Frauen, die die Straße kehren, unermüdlich. Es legt sich immer neuer Staub auf den Teer. Erinnert mich an Momo.


Ich habe noch nie so große Augen gesehen, denke ich mir, als ich gebannt an seinen Lippen hänge. Erzählen kann er. Überleben auch.

Ich merk‘ schon, ich werde hier schon wieder leichtsinnig. Aber es macht unglaublich viel Spaß. Und bei diesen tollen Menschen hier hab ich eh keine andere Wahl als komplett verrückt zu sein. :)


Dieser Satz, den ich jeden Tag mindestens fünf Mal höre. Ja, ich habe ein tolles Leben. Das ist mir bewusst, dafür bin ich dankbar, darum habe ich gekämpft.

Schwer zu durchschauen, was hier echt ist.


Blicke, fragend, beobachtend, stechend, belustigt, fordernd, fragend, neugierig. Und das nur, weil ich weiß bin.

Komplimente, ehrlich, verlogen, mit Absicht, ohne Hintergedanken, nett und kitschig, schön und lustig, lächerlich, schmeichelnd. Und das nur, weil ich weiß bin. Wer ist eine Ausnahme, ist er eine Ausnahme?


Als wäre ich ein Alien, ein Star, jemand, der nicht hierher gehört, jemand, der anders aussieht, anders behandelt werden muss, weil er anders ist?

Dieser ekelhaft hautfarbene Gecko, der auf einmal am Fenster sitzt und mir bei der Arbeit über die Schulter schaut. Diese ekelhaft schnelle Kakerlake, die sich zwischen Tee und Reis versteckt und einfach nicht zu fangen ist. Dieser unglaublich bunte Schmetterling, der Loopings über meinem Kopf dreht, während ich mit jedem Höhenmeter mehr aus der Puste gerate.

Wem kann ich hier trauen? Zumindest schon mal dem Leben, bedingungslos. Aber Menschen, diesen Menschen?



Es fühlt sich normal an, mit ihm hier zu sitzen und über Gott und die Welt zu reden, als würde ich schon seit langer Zeit hier leben, ihn seit langer Zeit schon kennen. Dabei müsste alles neu sein, schließlich hat sich so viel verändert. Vielleicht bin ich mittlerweile wirklich anpassungsfähiger, toleranter, noch lange nicht genug. 


Jule

1 Kommentar:

  1. Hört sich sehr interessant an. Ich bin gespannt was du noch so zu erzählen hast und welche tollen Bilder ich noch zu sehen bekomme ;)!

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